CRJ Informiert: Homosexualität in Deutschland im Laufe der Zeit

Vielleicht seid ihr ja schon im Uni-Hauptgebäude über die Rosa-Winkel-Ausstellung gestolpert. Die beschäftigt sich mit homosexuellen KZ-Häftlingen. Unsere Eule Viktoria hat das als Anlass genommen, sich mal ein wenig anzusehen, wie mit Homosexualität in Deutschland ab dem Kaiserreich umgegangen wurde.

Bereits bei der Gründung des deutschen Kaiserreichs 1871 ist Homosexualität zwischen Männern als strafbar erklärt worden. Für das Ausleben von Homosexualität drohten Haftstrafen oder der Entzug bürgerlicher Ehrenrechte. Der Entzug bürgerlicher Ehrenrechte bedeutete lange Zeit das Verbot, Ämter innehaben zu dürfen, die Einweisung ins Zuchthaus und schaffte die Grundlage, damit die Todesstrafe ausgesprochen werden konnte. Weibliche Homosexualität wurde im § 175 hingegen nicht explizit erwähnt.

Während des Nationalsozialismus wurde die Rechtslage verschärft: Nur der Verdacht oder die Anzeige durch Andere konnte zu einer 10-jährigen Haftstrafe im Gefängnis oder zur Deportation in ein Konzentrationslager führen. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, es wird aber von rund 50.000 Inhaftierungen und 15.000 Deportationen ausgegangen.

Wir haben dazu mit Professor Doktor Jens-Christian Wagner gesprochen. Er ist Professor an der Universität Jena für Geschichte und Leiter für die Stiftung der Gedenkstätte Buchenwald.

“Ja, wir wissen ziemlich genau, dass etwa 700 Männer nach Buchenwald verschleppt wurden, weil sie von der SS als homosexuell angesehen wurden.”

In der Bundesrepublik Deutschland wurde Homosexualität bis 1969 weiterhin mit Zuchthaus oder Haft bestraft. In der Deutschen Demokratischen Republik wurde Homosexualität zwischen Volljährigen bereits ein Jahrzehnt vorher, 1957, entkriminalisiert. 

Dort wurde zwar 1957 die Verschärfung des § 175 zurückgenommen, das heißt, zur etwas “liberaleren” Fassung des § 175 der Weimrarer Zeit zurück. Abgeschafft wurde dieser Paragraph aber erst auch 1968 und er wurde dann ersetzt durch den neuen § 151 StGB der DDR.”

Nach der Wende wurde der Paragraph endgültig gestrichen. Seitdem gelten allgemeine Jugendschutzfristen unabhängig der ausgelebten Sexualität.

2001 führte Deutschland die eingetragene Lebenspartnerschaft für homosexuelle Paare ein. Das bedeutete zwar eine Gleichstellung bei der Erbschaftssteuer – nicht aber bei der Einkommenssteuer, dem Familienrecht oder beim gemeinsamen Adoptieren von Kindern.

Erst 2002 folgte dann die juristische Rehabilitation von Männern, die von NS-Gerichten als Homosexuelle verurteilt worden waren. Ein halbes Jahrhundert nach Ende des nationalsozialistischen Regimes.

Seit dem 1. Oktober 2017 ist in Deutschland die gleichgeschlechtliche Zivilehe eingeführt. Zumindest rechtlich sind homosexuellen Ehepaaren damit also heterosexuellen Paaren gleichgestellt. Aber das ist ein anderes Thema – womit wir uns im Beitrag “Qu(e)ersummen” beschäftigt haben.

Wenn ihr noch mehr von Herrn Dr. Wagner und zu diesem Thema hören möchtet, könnt ihr hier das Interview hören, welches unsere Eule David mit Herrn Dr. Wagner geführt hat.