“Leider bestätigte sich der Verdacht nicht” – Aktionsnetzwerk betroffen über Polizeimeldung

“Leider bestätigte sich der Verdacht nicht.” – Eine Pressemeldung der Verkehrspolizei Jena über eine Autobahnrazzia sorgt für Betroffenheit beim Jenaer Aktionsnetzwerk gegen Rechtsextremismus. Auslöser hierfür ist die Formulierung, mit der das Ergebnis der Durchsuchung von Zoll und Polizei eines ukrainischen Kleintransporters auf der A 4 Richtung Dresden offiziell bewertet wurde. In der von der Polizeioberkommissarin Isabell Klappenbach verfassten Pressemeldung, die als “Ukrainer” betiteltes Dokument der Polizeirundmail anhängt, wird die polizeiliche Kontrolle eines überladenen Kleinlasters zunächst beschrieben. Der Fahrer ukrainischer Staatsangehörigkeit hatte nach ihren Angaben auf dem Dach 100 Kompletträder geladen. Die Polizeimeldung wörtlich:

“Diese Gelegenheit nutzten die Polizeibeamten unter tatkräftiger Mithilfe des Zolls um die Fracht zu begutachten:  ‘100 Kompletträder auf dem Dach wecken stets den Anfangsverdacht einer Straftat’ so Polizeikommissar Felix Schlegel. Leider bestätigte sich der Verdacht nicht. Sowohl für die Räder als auch für den Inhalt der zahlreichen Kisten im Fahrzeug konnte der Ukrainer einen Besitznachweis erbringen.”

Aktionsnetzwerk: “Wütend und betroffen von Rassismus”

Harald Zeil, Sprecher des Aktionsnetzwerkes gegen Rechtextremismus Jena, zeigte sich gegenüber dem Campusradio “betroffen und wütend darüber, mit welchem Rassismus die Polizei selbst bei solchen einfachen Dingen vorgeht.” Auf telefonische Anfrage der Redaktion bei der Verkehrspolizeiinspektion in Hermsdorf wies die für die Meldung verantwortliche Oberkommissarin Klappenbach darauf hin, dass die Meldung vor dem Eindruck ihres mehrere Stunden andauernden Einsatzes entstanden sei. Die beteiligten Beamten hätten bei dem kurios beladenen Gefährt mit einen Fahndungserfolg gerechnet. Vorwürfe der Ausländerfeindlichkeit wies Klappenbach von sich: “Grundsätzlich gehen wir nicht davon aus, dass jeder Ukrainer ein Straftäter ist.”

Aufarbeitung gefordert

Für Zeil hingegen spricht die Meldung eine klare Sprache, sie zeuge von mangelnder politischer Bildung bei der Thüringer Polizei. Er fordert “eine Aufarbeitung und Sensibilisierung bei der Polizei, damit solche Dinge nicht mehr passieren”.

Fotoquelle: Tobi Krone CC,BY,SA

 

4 Antworten auf „“Leider bestätigte sich der Verdacht nicht” – Aktionsnetzwerk betroffen über Polizeimeldung“

  1. wildcat sagt:

    Das ist wirklich traurig, dass die Damen und Herren in Uniform so schlecht formulieren können. Ich befürchte, denen war diese Formulierung nicht bewußt, was sie bedeutet. Das kommt mir vor wie in eine deutschen Tageszeitung von z. B. 1962 in der es völlig legal war, vom “Negerpfarrer Martin Luther King” zu sprechen. Offensichtlich leben manche Herrschaften in ihren Köpfen immer noch in dieser Zeit. Schuldbewußtsein: null. Sogar dass das in Jena vorkommt, enttäuscht mich. In anderen Städten hätte ich derartige Dummheiten und Stumpfheiten erwartet, denn: schau dir doch die Gestalten an, die da in der Uniform stecken. Ich habe nicht den Eindruck dass das Land Thüringen große Sorgfalt in Sachen Menschenkenntnis bei der Auswahl seines Sicherheitspersonals walten läßt. Echt traurig und enttäuschend.

  2. milddog sagt:

    Das sind aber schon schwere Vorwürfe, die der werte Herr Zeil da erhebt. Selbstredend scheint die Verwendung der Wendung “leider” unangebracht, sollte die Polizei ob der festgestellten Legalität doch erfreut sein.

    Zum Einen: gab es denn eine Ordnungsstrafe, da hier von “überladen” und “kurios beladen” gesprochen wird? Wäre ja irrelevant, nur 100 Fahrräder auf dem Dach kann ich mir grad schwer vorstellen. ^^ Dann könnte die Kontrolle erst recht gerechtfertigt gewesen sein. Und erst kürzlich soll es dazu ein Gerichtsurteil gegeben haben, dass solche Kontrollen im Anfangsverdachtsfall durchaus berechtigt sind. Die Erklärung von wegen ermüdender Einsatz scheint aber auch schon plausibel, gleich Rassismus zu unterstellen halte ich doch für ziemlich weit hergeholt. Und ob nicht latente Vorbehalte und Vorurteile gegen Ausländer treffender wäre sei mal dahingestellt, das dürfte verbreiteter als Rassismus sein. Sein Engagement in allen Ehren, aber von einem Sprecher eines Aktionsnetzwerkes gegen Rechtextremismus könnte man eventuell doch etwas mehr Sinn für Differenzierung erwarten.

    Wie auch immer, ob solche Polemik zum Zwecke der Sensibilisierung angebracht oder ggfs. sogar schädlich sein kann stelle ich einfach mal so in den Raum.

    Und dass dem Zoll nur ein Bruchteil der Schmuggelwaren an Diebesgut, Drogen, Immitaten etc.pp. in die Lappen geht ist nun mal Fakt (in wohl allen Ländern der Welt, Importe kommen nunmal meist aus dem Ausland). Es ist Job des Zolls/der Polizei bei sowas wachsam zu sein und die haben sicher auch schon genug Erfahrungen (pos. wie neg.) damit gemacht, da immer objektiv zu bleiben ist sicher nicht einfach, weiter will ich das nun auch nicht vertiefen. Ich halte es in dem Fall für an den Haaren herbei gezogen von Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit zu reden.

    Beim nächsten Mal finden Sie gewiss einen ernstzunehmenderen Anlass um auf Ihr Anliegen aufmerksam zu machen, Herr Zeil.

  3. Thomas sagt:

    Sind “latente Vorbehalte und Vorurteile” etwa nicht rassistisch? Die Aussage “Alle Türken/Amis/Hobbits sind faul” passt z.B: offensichtlich in beide Kategorien.
    Wenn in der Pressemeldung so explizit darauf verwiesen wird, dass es Ukrainer waren, wirkt es durchaus so, als habe dies genauso zum Verdacht beigetragen wie die 100 Räder.

  4. milddog sagt:

    Nun Thomas, es sind sich nicht einmal die Soziologen über eine Definition und Abgrenzung der Begriffe einig, also lassen wir das vielleicht mal, nach meinem Empfinden wäre (latente) Ausländerfeindlichkeit/Xenophobie noch am ehesten treffend.
    Aber wie gesagt halte ich auch das für weit hergeholt. Die Polizei hatte gute Gründe den Wagen anzuhalten und ist auch rechtlich legitimiert um nicht zu sagen es gehört zu ihrem Aufgabenbereich gegen Zollvergehen und andere Verbrechen vorzugehen.
    Die Pressemitteilung der Polizei ist nicht vollständig, aus dem wiedergegebenen kann ich kein wirkliches Argument für Rassismus herauslesen, einzig als Indiz eben das “leider”, was aber ebenso anderweitig begründet werden kann. Fahrlässigkeit durch langen Dienst, Enttäuschung über nicht erzielten Fahndungserfolg halte ich für menschlich und naheliegender. Ob solche Eigentumsbeweise auch gefälscht sein können und die Polizei dann nichts machen kann obwohl offensichtlich.. weiß ich nicht, könnte aber auch zur Reaktion geführt haben.
    Und selbst wenn das “Ukrainer-sein” zum Verdacht beigetragen hat: und? Wie erwähnt ist die Polizei durch aktuellen Gerichtsbeschluss afaik dazu berechtigt, hat auch sowas wie Verbrechensstatistiken im Kopf und wenn dann so ein seltsam beladener Wagen auftaucht wird kombiniert, wie bei Sherlock Holmes und Galileo Mystery, ganz klar. :3

    Wie auch immer, natürlich hat die Unschuldsvermutung Bestand und es muss unvoreingenommen an die Arbeit gegangen werden, wenn du täglich mit Verbrechen zu tun hast schärft sich eben der Blick dafür.
    genug nun, schönes Wochenende! 😉

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