Der FC Carl Zeiss Jena ist verspätet in den DFB-Pokal gestartet. Gegner in der ersten Runde war niemand geringeres als der amtierende Meister und Pokalsieger Bayer Leverkusen, das durch den Supercup erst jetzt antreten konnte. Dass beide Vereine ganze vier Ligen trennte, wurde zu keinem Moment bemerkbar. Trotz einer 0:1-Niederlage können die Jenenser stolz auf ihre Leistung sein.
Endlich war es da: Eines der großen Highlights in der Saison des FC Carl Zeiss Jena. In der ersten Runde des DFB-Pokals wurde Bayer Leverkusen als Gegner ermittelt. Die Werkself ist Double-Sieger und aktuell die wohl beste Mannschaft Deutschlands. Unter anderem war die Elf von Xabi Alonso als amtierender Meister noch im Supercup gefordert, der parallel zu den ersten Pokalspielen ausgetragen wurde. Der Nachholtermin fiel nun auf den Mittwochabend, der Fans und Mannschaft eine atemberaubende Kulisse in der Abendsonne im Ernst-Abbe-Sportfeld bescherte.
Natürlich ausverkauft fanden ganze 15.000 Fans den Weg ins Stadion. Die großartige Kulisse konnte dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der FCC als klarer Underdog antrat, auch wenn die ersten fünf Ligaspiele allesamt gewonnen werden konnten. Denn Leverkusen trat nicht nur mit den Nationalspielern Jonathan Tah und Robert Andrich in der Startelf, sondern auch dem enormen Selbstbewusstsein an, auf nationaler Ebene seit über eineinhalb Jahren ungeschlagen zu sein. Doch den spielerischen Witz musste Bayer bei etwa 30 Grad zu Spielbeginn noch suchen. Jena stand sicher und konzentrierte sich auf die Defensivarbeit, während gerade Cemal Sezer in vielen Zweikämpfen die wenigen Balle nach vorne festmachen sollte.
Jena hinten lange stabil, vorne ohne Glück
So gelang es, dass die Gäste lange auf ihre erste echte Torchance warten mussten. Einen Pfostenschuss und knifflige Standardsituationen konnte das Team von Henning Bürger allerdings überstehen. So kam es, dass sich der FCC fast auf der anderen Seite für die couragierte Leistung belohnte. Doch Sezer stocherte eine Hereingabe aus Abseitsposition am Tor vorbei. Ein großes Ziel war allerdings geschafft. Mit 0:0 ging es gegen den haushohen Favoriten, der sichtlich von der eigenen Leistung genervt war, in die Pause. In dieser reagierte Alonso dann und brachte unter anderem Europameister Grimaldo.
Der Beginn der zweiten 45 Minuten gestaltete sich wie gehabt. Während sich die Zeisser in jeden Zweikampf warfen, suchte Leverkusen die entscheidende Lücke. Diese ergab sich dann kurz vor der Stundenmarke, als eine Flanke in den Sechzehner segelte und Jonas Hofmann schulbuchmäßig einköpfte. Wer jetzt aber meinte, dass das Spiel endgültig kippen würde, der lag absolut falsch. Denn den Gegentreffer nutzte der FCC als Motivation, schob noch einmal nach vorne an und kam zu seinen Gelegenheiten. Erst fehlten Seidemann nur Zentimeter; kurz darauf scheiterte Butzen nach einem Standard. Während das Flutlicht einsetzte, wiegelte sich die Stimmung immer weiter hoch und ebnete den Weg für ein packendes Finish.
FCC-Kapitän Reddemann: “Wir haben super gefightet”
In den sechs Minuten Nachspielzeit sollte sich noch einmal die riesige Chance zum Ausgleich ergeben. Doch Prokopenko fehlte eine Fußspitze, um den Ball in einer unübersichtlichen Situation ins und nicht über das Tor zu verlängern. Damit musste sich Jena geschlagen geben, verließ den Platz aber nicht als klassischer Verlierer. Gerade der erst 19-jährige Paul Krämer oder der noch jüngere Khalid El Haija standen sinnbildlich für den unbändigen Willen, alles aus sich heraus zu holen. Kapitän Sören Reddemann zog nach dem Spiel ein resigniertes, wenn auch aufmunterndes Fazit:
“Ich glaube, wir haben gegen die beste Mannschaft Deutschlands im letzten Jahr gespielt. Ich bin mega stolz auf die Mannschaft. Wir hatten 90 Minuten irgendwie die Chance, noch ein Tor zu schießen, vielleicht in die Verlängerung zu kommen. Ich glaube wir waren einmal im Spiel unachtsam und das nutzen sie halt gnadenlos aus. Wie gesagt, ich kann nur meinen tiefsten Respekt ausdrücken für die Mannschaft. Wir haben super gefightet.”
Sehr bitter war auch der Ausfall von Cemal Sezer, der verletzungsbedingt ausgewechselt werden musste und dem eine lange Pause droht. Dabei muss der FCC in nur wenigen Tagen wieder bei mehr als einhundert Prozent sein. Denn am kommenden Mittwoch steht das Thüringenderby gegen Rot-Weiß Erfurt an, das in seiner Bedeutung noch einmal wichtiger sein dürfte. Mit den Fans im Rücken, dem eigenen Selbstverständnis und dem gesammelten Mut ist in Jena nicht nur in der nächsten Woche einiges möglich, wie auch Durchstarter Erik Weinhauer feststellte.
“Wahnsinn, Respekt. Ich habe es beiden [Paul Krämer & Khladi Abu El Haija] gesagt. Wirklich überragend. Absolut unter Beweis gestellt, dass man an diesem Tage gegen eine Top-Mannschaft aus Deutschland mithalten konnte. Und ich glaube da können die Jungs brutal stolz sein. (…) Ich habe das Gefühl, hier entsteht etwas. Konstanz ist der Schlüssel.”
FC Carl Zeiss Jena: A. Dedidis – Butzen, El Haija, Reddemann, Krämer – Schau – Gipson (75′ Prokopenko), Muqaj, Richter (59′ Seidemann) – Weinhauer, Sezer (63′ Zank)
Bayer 04 Leverkusen: Kovar – Arthur (46′ Grimaldo), Tapsoba, Tah, Belocian – Aleix Garcia, Andrich (73′ Xhaka) – Tella (68′ Frimpong), Hofmann, Adli (68′ Wirtz) – Schick