Die CD der Woche: Fantastic Negrito – Have You Lost Your Mind Yet?

Was haben Soziopolitik und psychische Probleme gemeinsam? Der zweifache Grammy-Preisträger Fantastic Negrito geht dieser und anderen Fragen auf seiner neuen Scheibe “Have You Lost Your Mind Yet?” nach. Mit feurigem Temperament und emotionaler Sensibilität bleibt der vielseitige Musiker seinem eigenen Stil treu und vereint dabei Vergangenheit und Gegenwart in einem farbenfrohen Feuerwerk aus Blues, Rock, Soul und gefühlt hundert weiteren Genres. Entstanden ist eine LP, die gleichzeitig melancholisch und energetisch, nachdenklich und ausgelassen rüberkommt…


Bildquelle: Promomaterial

Laut einer online veröffentlichten Ankündigung möchte Fantastic Negrito mit seinem Album an afroamerikanische Platten aus den späten 60ern und den 70ern anknüpfen, die von den soziopolitischen Problemen der damaligen Gesellschaft erzählen. Seitdem ist in den Vereinigten Staaten längst nicht alles gut geworden: Auch oder gerade in der heutigen Zeit scheint ihm die amerikanische Gesellschaft weiter zu zerbrechen. Dieser Eindruck kommt in den 11 Tracks der Platte mal mehr, mal weniger stark zum Ausdruck.

Stilistisch spannt Fantastic Negrito einen großen zeitlichen wie musikalischen Bogen von den Anfängen des Blues bis hin zum Hip Hop des 21. Jahrhunderts. Und so klingt das Album mal wie eine wehmütige Bummelei, mal wie eine rasante Spritztour durch die weiten Gefilde der afroamerikanischen Musik: Auf dem Fundament des Bluesrock würzt er seine Titel mit Anleihen aus Gospel, Jazz, Funk und Soul. Sein Sound wirkt dabei nie altbacken oder gar wie aufgewärmte Konservenware. Mit verschiedensten Elementen aus Pop, R&B und Rap klingt jeder Song frisch und zeitgemäß. Über allem steht jedoch die soulige, expressive und facettenreiche Stimme, die durch alle Nuancen schillert und damit jedem Song einen eigenen Charakter verleiht.

Die Lieder des Albums kommen ganz nebenbei mit einer klaren Message: In seinen Texten erzählt Fantastic Negrito unter anderem vom Kampf mit psychischen Problemen. Auf seiner Webseite präzisiert er seine Botschaft noch weiter: All der Schmerz und die Dunkelheit sind, relativ gesehen, nur von kurzer Dauer – man kann sie aber nur gemeinsam überwinden. Sein Rat deshalb: Ab und zu mal offline gehen und mit Leuten reden. Wenn man jemandem wirklich in die Augen schaut, fühlt man die Kraft und Verletzlichkeit eines Menschen, und – letztendlich – Liebe.

Fantastic Negrito liefert damit möglicherweise auch eine Antwort auf die Frage, wie man den gesellschaftlichen Problemen unserer Tage beikommen kann: In Zeiten, in denen Leute lieber übereinander als miteinander reden, appelliert er für mehr Nähe und mehr Menschlichkeit. Nur wenn wir zusammenstehen, können Hürden genommen werden. Egal ob im großen Kontext bei der Ausgrenzung von Minderheiten, oder im Kleinen: mit der psychischen Gesundheit jedes einzelnen.

Es geht also um Einheit in der Vielfalt. Und die demonstriert Fantastic Negrito mit jedem Track seiner Platte.