Eigene Songs produzieren, auf der Bühne stehen und mit etablierten Künstler*innen zusammenarbeiten: Mit nur 24 Jahren ist das für Lisl die Realität geworden. Auch wenn sich die Indie-Songwriterin aus Würzburg noch etwas an diesen Alltag gewöhnen muss, hat sie mit einigem Talent und viel Herz ihren Platz gefunden. Im Gespräch mit dem Campusradio erzählt sie von ihrem bisherigen Weg und erklärt, wie sie mit ihrer Musik auf wichtige Themen aufmerksam machen will.

Lisl – eigentlich Lisa – kommt ursprünglich aus Thüringen. Musik macht sie bereits, seit sie klein ist. Den eigenen Gesang mit Klavier und Gitarre zu begleiten und via YouTube erste Aufnahmen zu veröffentlichen, war für sie schon in jungen Jahren normal. Das sollte aber nur eine kleine Vorahnung für das sein, was einige Zeit später möglich sein würde. Sich einen Namen machen und Songs veröffentlichen – eine dennoch auch ungewisse Vorstellung.

“Ich glaube, das ist etwas, was immer mitgeschwungen ist, dass ich mir dachte: ‘Es wäre schon cool’. Mir hat es zuhause immer auch Spaß gemacht, wenn ich eigene Songs geschrieben habe. Aber irgendwie gab es da von meiner Seite aus viel Druck, den ich mir selber gemacht habe, dass es nicht so mein Ding ist, oder ich das einfach nicht so gut kann – mir das immer ganz lange eingeredet habe. Ich glaube, es gab nicht so einen richtigen Punkt, wo es dann umgeschwenkt ist zu: ‘Ok, ich mache jetzt doch alles selbst und neu.'”

Wirklich greifbar wurde der Schritt im Jahr 2022, als sie im Duo als Brown Bear Collective den Song “Fever” produziert und veröffentlicht hat: “Ich glaube, das war voll die schöne Erfahrung, die dann passiert ist. Weil ich dadurch gemerkt habe, dass das auf jeden Fall ist, was ich mir weiter anschauen möchte und da sehr neugierig geworden bin. (…) Einen fertigen Song so zu haben, war ein kleiner Checkpoint, der mir voll geholfen hat, dass ich dann das Gefühl hatte: Ok, es macht mir Spaß und ich kann es einfach versuchen.”

Lisl: “Einen fertigen Song zu haben, war ein kleiner Checkpoint”

Zu ihrer Musik kommt die Würzburgerin meist ganz spontan. Viele Ideen muss sie an der Gitarre sofort ausprobieren: “Ich finde das ganz schwierig, das nicht gleich umsetzen zu können. (…) So ein Instrument bringt gleich einen kleinen Vibe mit.” Die Grundlage für neue Songs ist bei ihr fast immer der musikalische Part: “Mir Melodien auszudenken fällt mir eher leicht, oder meistens versuche ich das zuerst. Ich finde es sehr schwierig, Sachen in Worte zu fassen und habe da auch immer einen sehr hohen Anspruch an mich, das zu verschachteln. Das klappt nicht immer so gut.”

Wichtig ist Lisl immer, ihre Musik mit Botschaften zu verbinden und gerade auch ihre eigenen Probleme zu teilen. Soziale Ängste oder Sorgen spielen für sie eine große Rolle: “Vor allem die letzten Jahre, oder generell die Anfang-20er – das sind Sachen, die viele Menschen in meinem Alter verstehen können. Selbst auch noch später. Es gibt immer Zeiten, in denen man sich nicht so wohl fühlt, mit dem, was da ist und was einen so umgibt. Gerade auch was die mentale Gesundheit betrifft. Das ist schon etwas, das mich in meinem Alltag immer noch begleitet. Da bin ich sehr froh, darüber reden zu können und da irgendwie auch so einen kleinen Space zu schaffen, dass man sich da ein bisschen gesehen fühlt.”

Für Lisl ist Musik weit mehr als nur Text und Melodie

Und auch der 24-Jährigen selbst tut es gut, sich im Rahmen der Musik damit zu beschäftigen: “Generell bin ich keine Person, die Dinge in sich reinfrisst, sondern ich spreche die relativ schnell und gerne aus, weil ich das Gefühl habe, dass es mir extrem hilft. Von daher ist das in einem Song das Gefühl, das dann festgehalten wird und das dann, je öfter man es hört, auch schmerzhaft sein kann, wenn es nicht so ein tolles Gefühl ist. Aber es hilft mir ungemein, es irgendwie auszudrücken, auf welche Art und Weise auch immer. Und ich glaube, es ist neben dem, dass man das Gefühl festhält und durchmacht, auch ein Beisetelegen. Ich habe es ausgesprochen, es ist jetzt einfach so.” Mit ihrer ersten eigenen Single “A Little Lost”, hat Lisl dies auf jeden Fall geschafft.

Mit Musik Räume schaffen: “Man kann nicht genug über seine Gefühle und Gedanken sprechen”

Die Schwierigkeiten im zwischenmenschliche Miteinander und der Aufruf zu mehr Bewusstsein finden sich bei ihrem Song “Girls Like You” noch deutlicher wieder. Dazu hat die Künstlerin einen klaren Appell: “Ich finde wirklich, man kann nicht genug über seine Gefühle und Gedanken sprechen, weil das ganz viel lösen kann. Manchmal schneller, manchmal weniger schnell. Ich glaube, in der Zeit, in der auch alles so schnell passiert, ist es mega wichtig, dass man da draufschaut und alle Menschen schauen, wie es einem geht.”

Wo ihr das besonders auffällt, ist in queeren Räumen, für deren Akzeptanz sich Lisl einsetzt und auch Platz schaffen will: “Weil ich merke, dass ich selber von diesen Räumen oder Songs, die dann eben über queere Liebe oder queere Realitäten geschrieben werden, dass ich davon auch extrem viel daraus ziehe und mich da unglaublich wohlfühle. Umso schöner wäre es natürlich auch, wenn ich das selber irgendwie machen kann. Und weil Repräsentation, auf egal welche Art – und wenn es mit Musik ist – einfach so wichtig ist, würde ich da schon gerne etwas beitragen. Eben, weil ich selbst weiß, wie wichtig das ist.”

In Lisls Songs gibt es Gefühlsexplosionen und Umarmungen

Die Songwriterin will mit ihrer Musik authentisch und ansprechend bleiben. Ihr nächstes Lied erscheint am 18. Oktober. Und insgesamt darf natürlich alles auch noch etwas größer werden: “Ich glaube, ich bin mit meinen Träumen immer ganz optimistisch und doch noch realistisch. (…) Ich denke mir einfach gerade: Es ergibt sich so viel und ich nehme das, was mir gut tut, mit. Und was dann daraus wird, wird sich zeigen.”

Abschließend fasst Lisl all ihre Faszination und Leidenschaft in wenigen Worten zusammen: “Ich würde mich natürlich freuen, wenn ihr in meine Musik reinhört. Ich bringe ganz viele Gedanken und Gefühle mit. Ganz viele Umarmungen – so beschreibe ich meine Songs immer. Weil es sich für mich auch immer so anfühlt. Falls ihr Lust habt, euch gesehen zu fühlen und manche Sachen relaten zu können, wäre meine Musik vielleicht was für euch.”

Das ganze Gespräch mit Lisl gibt es auch hier zum Nachhören:

Das Gespräch mit Lisl in voller Länge