CD der Woche: Alli Neumann – Primetime

Alli Neumann kommt mit einem musikalischen Blockbuster zurück und das mit sich selbst in der Hauptrolle. Und wie es sich für einen Blockbuster gehört, fühlt sich auf ihrem Album
„PRIMETIME“ alles noch intensiver an als das Leben selbst.

Indie-Pop-Sängerin und Schauspielerin Alli Neumann wächst bis zu ihrem sechsten Lebensjahr in Polen auf – anschließend lebt sie in Schleswig-Holstein in einem Dorf in Nordfriesland. Schon mit 14 Jahren ha Alli ihren ersten Plattenvertrag, daraufhin bricht die Sängerin die Schule ab und zieht nach Hamburg. 2018 erschien ihre erste EP “Hohes Fieber”, 2021 verarbeitete sie in ihrem Album “Madonna Whore Komplex” die Themen Sexismus, Identität und Integrität. Doch auch als Schauspielerin ist Neumann erfolgreich. So spielte sie nicht nur im ARD-DDR-Drama “3 1/2 Stunden”, sondern auch in bekannten Produktionen wie “Wach”, “Wir können nicht anders” und der Serie “Jerks”. Doch auch mit ihren energetischen Songs und einer einmaligen Bühnenpräsenz startet sie richtig durch, gründet später ihr eigenes Label, tourt erfolgreich durch Deutschland und veröffentlicht nun ihr zweites Album “PRIMETIME”.

In direkter, emotionaler Sprache destilliert die Musikerin in 12 Songs, was sie beschäftigt, sie trägt, ihr Leben ausmacht. Und tatsächlich ist das Album, das auf ihrem eigens gegründeten Label JAGA Recordings erscheint, so zugewandt und lebensnah, dass es einem viel Fläche für Identi fikation gibt. Primetime eben.

Die Musikerin, für die Rock, Blues, Punk das Nonplusultra war, die sich dem Alternativen
verschrieben und das „Leichte“ im Pop kritisch beäugte, hat entdeckt, dass sie auch ohne lyrisch, metaphorische Pirouetten Alli sein kann, sich mit schlichten Textzeilen wie, „so wie du“im gleichnamigen Song, nackig machen kann. Mit klaren Worten spricht sie darin über Freundschaft und textet, dass nichts wehtut, „Ich wünsch sogar meinen Feinden, jemand der sie liebt, so wie du”.Mit „PRIMETIME“ will Neumann schlicht genau das Album verö ffentlichen, nach dem ihr gerade war. Was danach kommt, wird man sehen. Sie hat sich mit „PRIMETIME“ selbst zur Schreiberin ihres eigenen musikalischen Lebens, ihres Blockbusters, gemacht. Sich bewusst der Primetime zu ö ff nen, für zugängige Sounds und klare Sprache, lässt Alli reifer wirken. Denn Allis Selbstverständnis davon, genau das zu tun, worauf sie Lust hat, egal was die „cool kids“ sagen, wie sie im Song über die kritische Beäugung erzählt. Sie will genau die Musik machen, die sie auf Bühnen performen will und das überträgt sich beim Hören der Songs ganz von allein. Damit passiert durch „PRIMETIME“, was Alli sich so wünscht: Alle werden zu ihren eigenen Maincharactern.

Alli Neumann mit “Primetime” – Die Campusradio Jena CD der Woche.