On Tour: Das Finale der Thüringer Poetry Slam Landesmeisterschaften

Vom 11. bis zum 13. Mai fanden in Jena die Thüringer Landesmeisterschaften im Poetry Slam statt. Beim Poetry Slam treffen feinsinnige Verse auf Hau-Drauf-Prosa, kluge Statements zur Tagespolitik auf WG-Geschichtchen und das alles selbst geschrieben. Die besten Thüringer Poet*innen haben sich 3 Tage lang gemessen, um einen Champion oder eine Championesse zu küren. Im ausverkauften Kassablanca fand dann am 13. Mai das Finale statt und unsere 3 Eulen Anne, Julia und Maria waren für euch vor Ort dabei!

Das diesjährige Finale der Poetry-Slammeisterschaft begann mit einer musikalischen Einlage der Songslam-Gewinnerin 2023 Johanna Phillip. Durch ihre starke Stimme wurde der lyrische Abend eingeleitet und die Stimmung des Publikums angeheizt. Doch mit den Moderator*innen Friedrich und Inke auf der Bühne fiel der wahre Startschuss für das Finale. Nach einer kurzen Begrüßung des Duos, wurde dem schon zu Beginn energischen Publikum, die Regeln des Poetry Slam Finales erklärt:

Jede bzw. jeder Teilnehmende hat ein Zeitlimit von 5:30 Min, um den Text vorzutragen. Des Weiteren dürfen ausschließlich selbst geschriebene Texte ohne jegliche Requisiten präsentiert werden. Damit soll gegeben sein, dass nur die Person und ihre Stimme die Atmosphäre im Raum bestimmt. In den Vorrunden haben sich insgesamt 8 Slamer*innen in das Finale gekämpft. Diese 8 wurden in zwei 4er Gruppen aufgeteilt, die jeweils in der Gruppe gegeneinander antreten. Jeweils der oder die Sieger*in der Gruppenrunde, sowie der punktestärkste Zweite qualifizieren sich für das finale Stechen. Die Punktevergabe selbst wird durch 8 Personen aus dem Publikum bestimmt, die zufällig aus den insgesamt 600 Zuschauer*innen gewählt wurden. Nachdem die Regeln für das Publikum klar waren, ging der Wettbewerb richtig los!

Eröffnet wurde das Finale von Suzie mit Z, die eine Wutrede über ihre Tante Heike hielt. Ein unbeliebtes Familienmitglied, welches bei Familientreffen aufgrund der christlich, traditionellen Weltansicht lieber gemieden wird. Durch das herzhafte Gelächter des Publikums ist die Zustimmung und Nachvollziehbarkeit des Themas deutlich geworden. Doch das Lachen verstummte, als folglich Leonard Fischer seinen emotional geladenen Text vortrug. Dieser handelte von der erschwerten Integration seiner aus Venezuela kommenden Frau. Sie lebt mit ihm in Deutschland, doch ihr Herz ist in ihrem Heimatland verblieben. Nicht nur Leonard war während des Vortragens sichtlich berührt, auch das Publikum verfolgte gebannt seine rührenden Worte. Seine Hilflosigkeit und der Versuch, das Heimweh geplagte Herz seiner Frau zu heilen hat die Zuschauer*innen mitgenommen.

Auch sarkastisch gestaltete Slams zu Themen, wie Prokrastination und zum Arbeitssystem in Deutschland waren vertreten. Julius Keinath, setzte sich dabei mit seinem Text „wir brauchen wieder Bock auf Arbeit“ als Sieger der ersten Gruppenrunde durch. Sein Text konnte vor allem bei der jüngeren Generation für viele zustimmende Lacher sorgen.

Die zweite Runde startete mit einem persönlichen Text von Dana Galkina. Die gebürtige Russin zog als Kind nach Deutschland und berichtete darüber, wie sie vom Ukraine-Krieg erfuhr, den sie nie wollte. Dabei kamen ihre Hilflosigkeit und Traurigkeit zum Ausdruck, was das Publikum sichtlich berührte. Ebenso ergreifend war der Text von Birdy, die über ihre eigenen Erfahrungen mit einer Zwangsstörung berichtete. Nachdem sie authentisch und hautnah von diesem sehr ernsten Thema sprach, setzte tosender Beifall im Kassablanca ein.

Ein humorvoller Wechsel gelang Stefanie Meschner mit ihrem Text “Hui”, der von dem holprigen Einstieg in die Arbeitswelt handelt. Denn die Arbeitswelt entspricht meist nicht ganz den Kindheitswünschen und das Ende als Bürohengst ist sehr wahrscheinlich. Laute Lacher und verschmitztes Grinsen verdeutlichen die Einstimmigkeit des Publikums.

In der finalen Runde battelten sich letztendlich Stefanie Menschner, Julius Keinath und Dana Galkina um den ersten Platz. Es war ein knappes Rennen um die Siegertrophäe. Stefanie Meschner trat in der finalen Runde als Erste mit einem kritischen Text über die Porno Branche an, wobei die verzerrte Realität und das falsch vermittelte Bild der Frau angeprangert wurde. Dabei waren zustimmende Rufe durchgehend aus dem Publikum zu vernehmen. Danach trug Dana Galkina ihren scherzhaften Text über das Älterwerden vor. Das finale Werk des Abends war von Julius Keinath, welcher vom Leben als fleißige Arbeitsbiene eines schwedischen Möbelkonzerns handelte.

Nachdem die finalen Slams gelesen und die Punkte ausgezählt wurden, war die Spannung im Publikum kaum auszuhalten. Zunächst wurde der dritte Platz verkündet. Diesen konnte Dana Galkina unter tobenden Applaus für sich entscheiden. Daraufhin wurde der zweite Platz verkündet, welcher an Stefanie Meschner ging. Der Thüringer Poetry Slam Landesmeister 2023 ist damit Julius Keinath. Unter überschwänglichem Applaus ging die Siegertrophäe, der heißgeliebte Thüringer Kloß, an ihn.

Damit lässt sich sagen: das Thüringer Poetry Slam Landesfinale war einspannender, emotionaler und unterhaltsamer Abend, der für viele Lacher, aber auch das ein oder andere Tränchen im Publikum sorgte. Es war ein spannender Kampf bis zum Ende und dennoch ein durchgehend respektvolles Miteinander. Die Texte haben das Publikum mitgerissen, egal ob emotional oder humorvoll. Es war ein sehr inspirierendes Event, das viele für die Kunst des Poetry Slams begeistert hat.

Und für alle, die selbst noch nie bei einem Poetry-Slam waren: Probiert es unbedingt mal aus! Ob als Zuschauerin, oder vielleicht sogar mit eigenem Text auf der Bühne – es lohnt sich auf jeden Fall!

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