Eulenspiegel: Boykott Katar

Ob Fußballfan oder nicht: Viele haben inzwischen mitbekommen, dass am 20. November die WM in Katar beginnt. Die meisten haben sicher aber auch mitbekommen, dass es schon bevor die WM begonnen hat, viel Kritik gab – an Katar, an der FIFA, am Fußball allgemein. Deswegen wollen viele dieses Turnier boykottieren – auch unsere Eule Rebecca. Einfach fällt ihr das aber nicht.

Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 90 Minuten. Das ist einfach, das ist Fußball. Aber Fußball ist schon lange nicht mehr das simple hin und her Kicken eines Schwarz Weiß gemusterten Leders: Fußball ist riesig, Fußball ist Geld, Fußball ist: Korrupt. Die WM in Katar, die am 20. November beginnt, ist die (vorläufige) Krönung dieser Entwicklung. Das Motto, das sich der Wüstenstaat für die Fußball-WM gegeben hat,
“Expect Amazing“ sollte man vielleicht in “Expect The Worst” umändern.

Queer- und frauenfeindliche Positionen von WM Botschaftern zuletzt in der ZDF Doku “Geheimsache Katar”, moderne Sklaverei und über 6500 Tote – also mehr Tote als Spielminuten – beim Bau der Stadien. Katar hat sich bereits im Vorfeld der WM als Staat entlarvt, der Menschenrechte nicht einhält und hätte längst die rote Karte sehen müssen. Denn ein guter Austragungsort für ein internationales Fußballturnier, das für Toleranz stehen soll, ist das Land so nicht.

Um ein Zeichen zu setzen, sehen viele als einzige Möglichkeit einen Boykott. Das ist auch meine persönliche Konsequenz und die der meisten Menschen in meinem Umfeld. Sport ist politisch. Einschaltquoten sind politisch. Ich möchte den Sendern, die die Spiele übertragen, zeigen, dass ich sowas hier nicht sehen will.


Aber sportliche Großveranstaltungen sind schon lange nicht mehr nur Sport. Ich meine, was ist mit den Olympischen Spielen von Sotchi 2014? Ausgerechnet in dem Jahr als Russland die Krim überfällt, findet hier das sportliche Friedensfest statt? Was ist mit den Olympischen Spielen 2016 und der Fußball-WM 2014 in Brasilien? Erfolg und Triumph dort, wo vorher noch Favelas waren. Ein Fest auf dem Rücken der armen Bevölkerung. Von den Winterspielen in China und den geplanten asiatischen Winterspielen in Saudi-Arabien möchte ich gar nicht erst anfangen.

Und dennoch habe ich all diese Sportevents mit großer Freude verfolgt. Natürlich habe ich die Probleme zur Kenntnis genommen und fleißig Dokumentationen oder Hintergründe in der Sportschau gesehen. Den Fernseher habe ich trotzdem angelassen.

Was macht das aus mir? Und warum ziehe ich ausgerechnet bei Katar den Stecker? War es ein toter Arbeiter oder eine frauenfeindliche Bemerkung zu viel? Und: Wie viel Boykott ist genug? Werde ich den Fernseher auch auslassen, sollte die DFB-Elf im Finale stehen?

Tatsache ist: Ich allein mache die Kuh am Ende auch nicht fett. Wer die WM sehen will, kann das tun – denn eigentlich muss sich strukturell etwas verändern, damit Turniere erst gar nicht an Staaten wie Katar, China und dergleichen vergeben werden. Auch die Spieler, die in Katar den Lebenstraum der Weltmeisterschaftsteilnahme verwirklichen können, verstehe ich bis zu einem gewissen Grad. Besser macht es das nicht.

Das simple Konzept Fußball ist schon lange nicht mehr gültig. Geld, Macht und Korruption bestimmen den Sport. Wer das ernst nimmt, kann guten Gewissens keine Großveranstaltungen mehr schauen. Mit dem Elendsturnier in Katar möchte ich jedenfalls nichts zu tun haben.

Und dennoch weiß ich, weil ich ein bisschen am Sport teilhaben will, werde ich mindestens die Nachberichte in den Mediatheken schauen. Boykott ist das auch nicht.