Der CD der Woche Ausreißer: The Tallest Man On Earth – The Wild Hunt

Diese Woche stellen wir euch mal kein brandneues Album vor – dafür aber einen Ausreißer, der unsere Musikredaktion schon seit Längerem überzeugt hat. Ein Album aus dem Jahr 2010, welches aber nicht alt geworden ist, wird diesmal auseinandergepflückt. Eines, dessen Literat seinem Namen vielleicht nicht ganz gerecht wird. Warum The Wild Hunt von The Tallest Man On Earth dennoch hörenswert ist, erzählt euch Anne.

Kristian Matsson mag vielleicht durch die Band The Montezumas bekannt sein, mit der er 2006 ein gleichnamiges Album veröffentlichte. Bekannter wird der Schwede jedoch mit dem Namen The Tallest Man On Earth und seine einprägsame Stimme sein, die ihm nicht selten Vergleiche zu Bob Dylan brachten. So große Vergleiche sind oft sehr schwierig, übertrieben oder schlichtweg nicht wahr, hier lassen sich aber deutliche Parallelen aufzeigen. Angefangen bei dem Folk-Sound, der sich durch das Duett von Matssons Stimme und der Gitarre ergibt und angehalten bei textlichen Einfachheiten, die aber viele Emotionen hervorrufen, ist dieser Vergleich nicht unberechtigt. Doch The Tallest Man On Earth ist ein eigenständiger Künstler, der seine eigenen Erfahrungen musikalisch verarbeitet. Mit “The Wild Hunt” hat er ein Album geschaffen, welches den Hörer*innen nicht nur ein bisschen liebenswürdigen Kitsch, sondern auch Freiheitsgedanken und Verlustverarbeitung liefert. Diese Thematiken schafft Matsson mit so viel Energie rüberzubringen, dass “The Wild Hunt” zu einer Platte wird, die einen das ganze Leben lang begleiten kann. Live wird ihm nachgesagt, wie besessen zu wirken, wenn er in seine Musik eintaucht. Kaum vorstellbar bei den süßlich-melancholischen, aber keinesfalls bedrückenden Songs. Das mag auch durch seine musikalischen Einflüsse herrühren, die unter anderen von Bon Iver, Feist, Bob Dylan selbst oder den Avett Brothers stammen. Erst 2008, zwei Jahre nach dem Erscheinen der ersten EP “Tallest Man On Earth” wurde Matsson durch eine Rezension seines Debütalbums Shallow Grave bei Pitchfork und durch Auftritte als Vorband für Bon Iver mit mehr Resonanz belohnt. Die Aufnahmen für “The Wild Hunt” entstanden fast ausschließlich on Tour und wurden nicht professionell produziert, sondern an wechselnden Orten ohne Tonstudio aufgenommen. Auch ist es das erste Album, welches erstmals nicht unter einem schwedischen, sondern unter einem amerikanischen Label veröffentlicht wurde. Daher mag vielleicht auch die Parallele zu Dylan kommen, vielleicht ist es aber auch die Körpergröße. Der Künstlername ist nämlich eine ironische Anspielung auf seine tatsächliche Körpergröße. Eins muss man dem Tallest Man On Earth aber lassen – an Gefühlen ist er nicht zu übertreffen!