Im Gespräch: Nelly Juckel

Nelly Juckel ist 21 Jahre alt und Leistungsträgerin für den FC Carl-Zeiss Jena in der 2. Frauen-Bundesliga. Im Gespräch mit dem Campusradio spricht sie über ihren Weg, ihr Studium während des Fußball-Alltags und die Situation in der zweithöchsten deutschen Spielklasse.

Ihre Heimat auf dem Platz ist aktuell das defensive Mittelfeld, doch sie zeigte sich in der Vergangenheit schon vielseitig: „Ich habe eigentlich jede Position mal gespielt. Ich kam ja dann von der Zweiten hoch, weil der Trainer auch aus der Zweiten war. Ich habe damals gesagt, ich will erstmal abschalten nach dem Abitur; ich will erstmal runterkommen. Und dann hat er mich hoch geholt und er sieht ja auch meine Qualitäten. Und ich bin tatsächlich überall einsetzbar, außer als Torhüter. Aber, am liebsten fühle ich mich eigentlich offensiv eher als defensiv. Aber wie gesagt. Ich kann alles spielen. Da wo der Trainer mich braucht, da stellt er mich auf.“

Sie hat alle Nachwuchsmannschaften in Jena durchlaufen und sich früh zum Ziel gemacht, sich auf der großen Bühne durchsetzen zu wollen. „Ind der U17 hast du ja alles gegeben, dass du irgendwann mal auch zu den Besten kommst: erste Mannschaft — da willst du ja auch hin. Und es hat auch ziemlich zeitig gekappt. Ich war glaube ich die einzige U17-Spielerin, die mit hoch gekommen ist. Das ist eine Umstellung, mal mit Frauen zu spielen. Es ist ein anderes Tempo, andere Zweikampfhärte. Sich in die Mannschaft reinzubekommen, das hat ewig gedauert. Tatsächlich ein Jahr. Ich war dann auch mit Verletzungen. Das hat man auch gemerkt, dass ich einfach noch zu jung bin. Aber sobald du dich in der Mannschaft mit eingegliedert hast; hast Freunde gefunden. Dann hat das unglaublich viel Spaß gemacht.“

Juckel über anfängliches Gehalt: “So richtig davon leben zu können, ist es halt nicht”

Doch auf ihrem Weg konnte sie sich nicht nur auf den Fußball konzentrieren, denn die Förderung hielt sich in Grenzen: „Da waren schon Verträge. Da dachte ich mir beim ersten Betrag den ich hatte: ‚Wow, krass‘. Aber damit kann man auch einfach nicht seinen Unterhalt bezahlen. Damals war ich auf dem Internat. In der Schule war es dann eher so eine Kleinigkeit, die du daneben bekommen hast. Das war immer schön. Aber so richtig davon leben zu können, ist es halt nicht.“

„Ich würde es nicht als Profi bezeichnen. Eher so semiprofessionell. Du bist schon wie ein Profi unterwegs, machst deine Trainingseinheiten und deine Spiele. Du hast ja schon unglaublich viel Zeit darin investiert. Solang es dir noch Spaß macht ist es toll. Solange es auch mit dem Beruf vereinbar ist, würde ich das auch super gerne weitermachen.“

Nelly Juckel im Gespräch mit dem Campusradio
Nelly Juckel im Gespräch mit dem Campusradio

Neben ihrem Fußball-Alltag studiert Juckel auch: „Ich bin jetzt im fünften Semester. Ich studiere Sportwissenschaften; ‚Performance & Health‘ nennt sich das. Ich bin eigentlich ganz zufrieden. Ich will erst mal mit einem guten Bachelor abschließen. Klar willst du schon einen guten Bachelor machen, aber es ist auch mit mein Ziel, den mit 1,0 abzuschließen. Ich will einfach einen guten Bachelor machen und dann mal schauen, in welche Richtung es geht.“

Den Spagat muss sie jeden Tag aufs Neue meistern: „Die Zeit musst du dir auch nehmen. Vorlesungen und Seminare sind ok vom Zeitaufwand. Wir haben maximal so zwei, drei Seminare am Tag, das ist ok. Wir müssen ja auch auf unsere Teammitglieder gucken, die arbeiten ja schon viel. Und dann ist Training eher 18 Uhr. Das passt mir auch ganz gut; oder 16:30 Uhr. So, dass wir fertig mit Uni sind. Und wenn in diesem Zeitraum auch mal Uni ist, probieren wir das Training woanders hin zu legen; auf eine andere Uhrzeit, eher später.“

Die 2. Bundesliga ist für sie vor allem eine Bühne, auf der sich gerade die Talente entwickeln und zeigen können: „Die zweite Liga ist unglaublich attraktiv. Auch, weil so viele junge Spielerinnen mit dabei sind, die den Sprung – bei Hoffenheim, Frankfurt, allen zweiten Mannschaften, Bayern – auch schaffen wollen. Klar, wir könnten eigentlich auch eine ältere Mannschaft sein. Aber da wir so viele Spieler auch von der U17 oder U20 hochgezogen haben, die wirklich auch gut sind.“

Positive Entwicklung im Frauenfussball, aber viel Luft nach oben

Im Fußball der Frauen ist aktuell im Wandel. Doch an einigen Stellen ist weiter viel zu tun: „In den letzten Jahren hat sich da glaube ich schon viel verändert. Ich glaube, es müsste auch noch mehr getan werden, damit wir irgendwann mal auf einem ähnlichen Level sind. Ich sage, wir müssen jetzt nicht wie die Männermannschaften verdienen. Klar machen wir den gleichen Aufwand. Aber die TV- oder Medienpräsenz ist im Frauenfußball nicht ganz so wie bei den Männern. Klar ist das jetzt im kommen, aber man muss da auf alle Fälle noch was bei der Professionalität hinsichtlich den Verträgen tun. Dass die Frauen wenigstens ihren Unterhalt damit zahlen können und gar nicht mehr nebenbei arbeiten gehen können oder ein Studium machen müssen. Im späteren Leben müsstest du irgendetwas noch machen, dass du noch etwas mehr Geld verdienst. Bei den Männern ist das anders. Ich finde, das müsste sich noch verändern. Aber das geht erst, wenn Medienpräsenz und so etwas noch attraktiver und präsenter ist.“

Sportlich stehen im neuen Jahr weitere Herausforderungen an. Und vor allem im Pokal wartet ein echtes Highlight. Hier entscheidet sich noch, ob der FCC gegen Offenbach oder den FC Bayern ran muss: „Schön wäre es natürlich, wenn wir Offenbach bekommen würden. Weil da wäre die Möglichkeit, vielleicht ins Halbfinale einzuziehen, ein bisschen größer, als wenn wir gegen Bayern München spielen würden. Wenn wir jetzt ehrlich sind: Ich glaube schon, dass es die Bayern wollen würden. Ich glaube, die machen das schon. Ich glaube, es wird auch ein Heimspiel im Stadion. Flutlichtspiel wahrscheinlich auch unter der Woche. Und da können wir als Arbeitende und Studierende nur abends – dann wird es ein Flutlichtspiel. Und das ist auch – egal, gegen wen du spielst – im Stadion mit Flutlicht immer etwas Besonderes. Ich hoffe auch auf zahlreiche Zuschauer, die dich auch unterstützen. Ob nun 200 oder 1.500 oder tausend reichen ja auch schon. Das ist schon ein Highlightspiel.“

Ob es mit dem FCC aber in die erste Liga gehen soll, ist für Juckel eine Schicksalsfrage: „Tatsächlich bin ich immer noch so im Zwiespalt. Möchte ich gerne erste Liga spielen, oder möchte ich lieber in der zweiten Liga spielen. Wenn wir theoretisch aufsteigen würden, dann würden wir unsere Mannschaft so geht wie es geht beibehalten. Und dann weiß ich aber nicht, ob es dann für die Erste reicht. Und ob du dann halt zu Bayern oder Wolfsburg hinfährst, da irgendwie einen auf die Klatsche kriegst und wieder zurück fährst; ob das für ein Jahr so Spaß macht. Oder ob du dann doch lieber attraktiven Fußball – mal gewinnst du, mal verlierst du – in der zweiten Liga spielen willst. Da bin ich noch im Zwiespalt.“