Kaputte Schulen, gesperrte Brücken, baufällige Häuser – Bilder, die wahrscheinlich viele von uns kennen, wenn man nicht selbst in einer Schule ohne funktionierende Toilette festsaß. Deutschland hat ein Bau-Problem – und zwar ein massives! Genau darüber hat sich unsere Eule Viki im neusten Eulenspiegel echauffiert.
Wer kennt’s nicht? Eine einzige Baustelle auf den Gleisen – und der gesamte Bahnverkehr in einem Umkreis von 100km Radius kollabiert. Genau das ist erst am 30. Juni passiert – zumindest gefühlt. Denn die eintägige Baustelle zwischen Großschwabenhausen und Jena West scheint dafür zu sorgen, dass eine Bannmeile um Jena gezogen wurde. Die Zugfahrt von Erfurt nach Jena verlängert sich von 30 Minuten auf über eine Stunde, dafür stolpert man direkt am Paradiesbahnhof raus. Naja, zumindest teilweise… Zugverbindungen fallen – mit Ankündigung – aus, ohne, dass Ersatzverkehr gestellt wird. Statt dann Ersatzverkehr ab Weimar fahren zu lassen, muss man hoffen, pünktlich in Großschwabenhausen anzukommen, um da den Bus zu erwischen.
Klingt wie Chaos, ist es auch – und meiner Meinung nach auch irgendwie der Normalzustand, wenn man mit dem Zug reist. Überraschen sollte uns das aber nicht. Denn in den letzten 70 Jahren hat die Bahn insgesamt 15.000 km Schienennetz stillgelegt. Damit wurden nicht nur so einige Dörfer von der Bahnverbindung abgekoppelt, sondern auch Umleitungen sind unmöglich geworden. Wer mit dem Auto anreist, hat es aber nur bedingt besser. Schon 2023 lag der Investitionsbedarf bei 372 Milliarden Euro für deutsche Straßen – und Brücken. Denn jede zweite Straßenbrücke ist sanierungsbedürftig. Geniale Idee, wer bis dato nicht eingegriffen hat – es ist ja nicht so, dass Brücken in der Regel über ein Loch oder ähnliches führen, in das so ein 2 – 3 Tonnen schweres Auto bei maroder Bausubstanz reinkrachen kann…
Deutschland hat ein Bau-Problem. Ein ganz massives sogar, und auf fast allen Ebenen. Ob Transport-Infrastruktur, Glasfaser oder Wohnraum. Teilweise bedingen sich die Probleme natürlich auch gegenseitig. Vor allem im ländlichen Raum fehlt es beispielsweise an einer guten Anbindung – aber nicht zwangsweise an Wohnungen. Schauen wir mal in mittelgroße Städte, wie Gera oder Zwickau. Teilsweise stehen da mehr als 5% der Wohnungen leer. Warum aber stürzen wir Studis uns nicht auf diese Wohnung? Große WGs zu humanen Preisen oder eine kleine Ein- bis Zweizimmerwohnungen – in Städten wie Gera und Apolda ist das bei weitem nicht so unerreichbar wie in Jena. Tja, und dann geht der Blick auf die Anbindung beim Nahverkehr. Der letzte Bus nach Apolda fährt um kurz nach Mitternacht – die letzte Bahn nach Gera um halb eins. Naja gut, dann eben eine lange Nacht! Bis fünf Uhr feiern kann man ja mal machen. Leider hat Jena aber keine anständige Absacker-Kneipe. Dem Nachtleben ist also ein hartes Limit gesetzt. Und mit dem Auto fahren? Dafür bräuchte es erstmall genügend Parkplätze, die nicht komplett überteuert sind oder wenigstens mit den Straßenbahnen erreichbar sind. Park & Ride bleibt in Jena erstmal ein unbekanntes Konzept.
Das Problem ist also klar: In den Städten fehlt es an Wohnungen. Auf dem Land verzweifeln die Leute an der Nahverkehrsanbindung. Das Glasfaserkabel kommt langsam an – nur eben leider langsam. Deutschlandweit sorgen unsere schwindenden Schienen und verfallenden Straßen für Chaos, Frust und die ersten Symptome von Aggressionsproblemen.
Das Schlimmste an all diesen Problemen? Sie waren – und sind – vorhersehbar. Dass Infrastruktur in Schuss gehalten werden muss, ist gesunder Menschenverstand. Dass Glasfaserkabel die zukunftsfähige Technologie ist, ist schon lange bekannt. Nein, wirklich – bis 1985 sollte jeder Haushalt einen Glasfaseranschluss haben, beschlossen unter Helmut Schmidt. Schade, dass ein anderer Helmut das verhinderte: Kohl stoppte die Pläne damals – stattdessen gab es Kupferkabel. Und die Wohnungsnot? Auch vorhersehbar. Seit Jahren fehlen Wohnungen – seit Jahren heißt es „Wir bauen mehr“. Ich wiederhole mich: Seit Jahren fehlen Wohnungen.
Deutschland, deine Bauten! Sind kaputt oder verfallen langsam. Und ein deutschlandweites Problem braucht eine deutschlandweite Lösung: Die Bundes-Koalition aus CDU und SPD hat die Chance, mit großen – aber dringend notwendigen – Investitionen, unser Bau-Problem endlich richtig anzugehen. Schade, dass das nicht passiert – die Schulden fließen vor allem in das nächste marode Konstrukt in Deutschland: Die Bundeswehr. Aber hey, gut, dass die Panzer ohnehin nicht fahren! Dann fallen die einsturzgefährdenten Brücken kaum auf…