Die Musikindustrie ist eine gnadenlose Maschine. Künstler müssen in kurzen Abständen zwischen Promotion und Touren ihre kreative Energie für das Schaffen neuer Alben verwenden, mit meist nur recht kurzen Verschnaufpausen zwischendurch. Einer Gruppe von australischen Musikern sind Verschnaufpause ein Fremdbegriff: King Gizzard And The Lizard Wizard mit ihrem neuen Release “Phantom Island”.

Wie zur Hölle kommt man auf einen solch abgefahrenen Bandnamen wie “King Gizzard And The Lizard Wizard”? Erstens: Man beginnt mit einer großen Gruppe zu musizieren. Zweitens: Es gibt Uneinigkeiten zwischen zwei Namen: “Lizard Wizard” oder “Gizzard Gizzard”. Und Drittens: Nach vielen Blödeleien geht man den Kompromiss ein und vereinigt alle Vorschläge in einem Bandnamen. Auf die Frage, ob der Name einen tieferen Sinn hat, gibt es ein einheitliches “Nö”.

Australien ist ein interessanter Kontinent. Neben überwältigender Hitze und allerlei giftigen Tierarten bietet die australische Kultur eine überraschend lebendige Musikszene. Einer dieser kulturellen Schmelztiegel ist Melbourne: Eine Stadt mit einer vielseitigen Musikszene und einer starken DIY-Attitüde in Form von selbstständigen Künstlern. DIY ist auch das Stichwort für King Gizzard And The Lizard Wizard; 2010 in Melbourne gegründet. Anfangs ist schwerlich von einer Band zu sprechen. Ähneln tut alles eher einem losen Kollektiv an Freunden und Bekannten, die von einer unbändigen Spielfreude vereint werden. Es ist ein allgemeines Kommen und Gehen von Musikanten, doch nach etwa einem Jahr kristallisiert sich eine siebenköpfige Bandformation heraus. 2012 bringt die Band ihr erstes Album “12 Bar Bruise” über das Label “Flightless Records” raus, welches vom damaligen Drummer und Manager im gleichen Jahr gegründet wurde. In den darauffolgenden Jahren gewinnt die Band mit ihren Wurzeln im psychedelischen Surf-Rock immer mehr an Aufmerksamkeit. 2017 richtete sich das internationale Augenmerk vollends auf diese verspielte Jam-Band, die in dem gleichen Jahr satte fünf Alben mit grundverschiedenen Konzepten veröffentlichte. Ein Maß an Produktivität, was fünf Jahre später von der Gruppe nochmal übertroffen werden sollte.

“Phantom Island” ist das 27. Studioalbum der Band King Gizzard And The Lizard. Die Inspiration für dieses Album kommt von einer zufälligen Begegnung mit dem Los Angeles Philharmonic Orchestra in 2023. Eigentlich hatte das aktuelle Sextet an Musikern bereits eine Reihe von fertiggestellten Songs als Teil vom Vorgängeralbum “Flight b741” aus 2024. Unzufriedenheit mit den damaligen Versionen der Lieder und die zufälligen Begegnung brachte die Australier auf eine Idee: Die Lieder werden dem britischen Komponisten Chad Kelly zugeschickt, damit dieser zusammen mit einer orchestralen Gruppe den Songs einen neuen Anstrich gibt. Das Resultat ist ein ambitionierter Mix aus psychedelischem Soft-Rock, ergänzt mit orchestralen Kompositionen. Schon bereits der Opener “Phantom Island” gibt den Ton mit theatralischen Vocal-Performances und emportretenden Blasinstrumenten an. “Lonely Cosmos” beginnt wunderschön cineastisch mit Streichern und baut gekonnt im Songverlauf noch Gitarrengrooves und Flötenmelodien mit ein. Zum Ende des Albums setzt “Grow Wings and Fly” als Closer einen euphorischen Schluss. Lieblich anmutend wird hier über die Freude von Abschied und Neuanfang gesungen. Einer der gelungensten Punkte auf einem Album voller Verspieltheit und auch berührenden Momenten.

Das ist Phantom Island – ein würdiger Neuzugang im Katalog von King Gizzard And The Lizard Wizard. Und natürlich ein würdiger Neuzugang beim Campusradio Jena Album der Woche.